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Vom Mitarbeiter zum Fan: Employer Branding im Mittelstand

  • Autorenbild: Christina Zeiher
    Christina Zeiher
  • 28. Aug. 2024
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 18. Sept. 2024

Eine der häufigsten Fragen, auf die sich Bewerber:innen bei Bewerbungsgesprächen vorbereiten, lautet: „Warum möchtest Du für unser Unternehmen arbeiten?“. Doch was, wenn der Spieß umgedreht wird und die Bewerber fragen: „Warum sollte ich für Euer Unternehmen arbeiten wollen?“. Bist Du darauf vorbereitet? Und Achtung: Leere Phrasen wie „familiärer Umgang“, „gegenseitige Wertschätzung“ und „ein tolles Team“ reichen heutzutage nicht mehr aus.


In vielen Branchen (gerade jenen, die vom Fachkräftemangel am härtesten getroffen sind) ist oft unklar, wer sich bei wem bewirbt – sind es die Kandidaten bei den Unternehmen, oder umgekehrt? Diese Frage sorgt für viel Diskussion. Klar ist jedoch: In Zeiten des „War for Talent“ müssen Unternehmen überzeugende Antworten auf die obengenannte Frage parat haben – und das ohne langes Überlegen.


Die gesammelten Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreifen kann, um seine Arbeitgeber-Attraktivität sowohl für bestehende als auch für neue Mitarbeiter:innen zu erhöhen, lassen sich unter dem Begriff „Employer Branding“ vereinen.


Was ist ‚Employer Branding‘ wirklich?


Employer Branding mag zunächst simpel klingen – eine Marke als Arbeitgeber zu schaffen. Doch die Komplexität und Vielschichtigkeit dieses Themas werden oft unterschätzt. Es geht eben nicht nur um Marketing, wie der Begriff ‚Branding‘ vermuten lässt, sondern um ein umfassende, strategische und operative Maßnahmen, die mehrere Unternehmensfunktionen betrifft. So vereint Employer Branding HR, Marketing und Aspekte der strategischen Unternehmensführung.


Die drei Bestandteile des Employer Branding - Human Resources, Strategie und Marketing
Grafik 1: Employer Branding - eine interdisziplinäre Maßnahme

Eine starke Employer Brand ist also weit mehr als nur ein schönes Image. Es wäre sogar ein Fehler, das Markenimage im Sinne der Unternehmensmarke mit der Employer Brand gleichzustellen. Nur weil ein Unternehmen hervorragende Produkte oder Dienstleistungen anbietet, bedeutet das nämlich nicht zwangsläufig, dass es auch als guter Arbeitgeber wahrgenommen wird.


Employer Branding beschreibt vielmehr alle Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreifen kann, um die Attraktivität und Einzigartigkeit des Unternehmens für aktuelle und potenzielle Mitarbeiter:innen zu steigern – und das auch zu kommunizeren! Die verschiedenen Komponenten des Employer Brandings sind in folgender Tabelle aufgeführt:

Komponenten des Employer Brandings
Tabelle 1: Komponenten des Employer Brandings

Der Status Quo im Mittelstand

Der Wille ist da. Aber wo ist der Weg?


Der aktuelle Stand der Arbeitgebermarken im deutschen Mittelstand zeichnet ein buntes Bild: Viele mittelständische Unternehmen haben die Bedeutung einer attraktiven Arbeitgebermarke lange erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen. Auf vielen Unternehmens-Websites findet man zum Beispiel nun den neuen Reiter „Wir als Arbeitgeber“ sowie die Rubrik „Was wir bieten“ in Stellenausschreibungen. Mitarbeiter-Benefits wie flexible Arbeitszeiten, Bike-Leasing und Gesundheitsprogramme werden auch immer häufiger aufgeführt.


Wiederum nur wenige Unternehmen kommunizieren jedoch überzeugend, wofür sie stehen und welche langfristigen Ziele sie verfolgen. Eine Differenzierung durch einen starken Purpose, der auch nach außen kommuniziert wird, kommt noch kaum vor. Ebenso selten sind authentische Einblicke in die Unternehmenskultur, die den potenziellen Mitarbeiter:innen zeigen, warum es sich lohnt, Teil des Unternehmens zu werden.


Neben diesen Aspekten ist auch die Nutzung moderner Kommunikationskanäle in den allermeisten Branchen ein unerlässlicher Punkt. Während einige Unternehmen Social Media und Karriereportale effektiv nutzen, um ihre Employer Brand zu stärken, hinken andere in diesem Bereich noch hinterher und trauen sich nicht aus der Deckung.


Insgesamt zeigt sich, dass im deutschen Mittelstand zwar ein Bewusstsein für die Bedeutung von Employer Branding vorhanden ist - meist bleibt es jedoch bei punktuellen Quick Fixes, weil „die anderen das ja auch schon längst machen“. Kaum ein Unternehmen geht das Thema Arbeitgeber-Attraktivität strategisch an und schafft es sich hier herausragend zu positionieren.


KMU gegen Konzern - David gegen Goliath?


Dabei stehen gerade mittelständische Unternehmen vor erheblichen Herausforderungen, wenn es darum geht, die besten Mitarbeitenden zu binden und neue Kräfte zu gewinnen. Besonders die oft ländlich gelegenen Firmensitze erschweren es, junge Talente anzuziehen. Diese Standorte bieten zwar häufig eine hohe Lebensqualität, können jedoch im Vergleich zu urbanen Zentren weniger Reiz ausüben, insbesondere für junge Fachkräfte, die eine lebendige städtische Umgebung bevorzugen. Hinzu kommt der intensive Wettbewerb im Arbeitsmarkt. Mittelständische Unternehmen stehen nicht nur im Konkurrenzkampf mit großen Konzernen, die höhere Gehälter und umfangreiche Zusatzleistungen bieten, sondern auch mit Start-ups, die durch Flexibilität und moderne Arbeitsmodelle wie Remote-Arbeit überzeugen.


Woran scheitert es bislang?


Ein Hauptproblem: Traditionelle, teilweise veraltete Strukturen und Sichtweisen stehen modernen Employer-Branding-Maßnahmen im Weg. Starre Hierarchien und eingefahrene Prozesse erschweren es, innovative Ansätze zu integrieren. Dabei muss eine erfolgreiche Arbeitgebermarke authentisch, inspirierend und zukunftsorientiert sein, um langfristig talentierte Fachkräfte anzuziehen und zu binden.


Außerdem versuchen viele Unternehmen Employer Branding ohne klare Strategie anzugehen - weil es an Know How oder schlichtweg an der Zeit fehlt, die im brennenden Tagesgeschäft gebunden ist. Ohne gezielte Maßnahmen und langfristige Pläne, um die Arbeitgebermarke klar zu positionieren und systematisch aufzubauen, verpufft die gewünschte Wirkung der einzelnen Initiativen - oder sorgt bestenfalls für ein teures Strohfeuer.


Zusammengefasst: Der deutsche Mittelstand kämpft noch mit der Umsetzung einer systematischen und strategischen Herangehensweise in Bezug auf Employer Branding. Viele wissen nicht, wie sie mit bestehenden Ressourcen und Know How gezielt und nachhaltig daran arbeiten können, ihre Arbeitgebermarke zu stärken.


Sind KMU die besseren Arbeitgeber?


Trotz der Herausforderungen haben so viele mittelständische Unternehmen  enorme Chancen sich als einzigartiger Arbeitgeber zu positionieren – wenn sie richtig genutzt werden!


Ein wesentlicher Vorteil des Mittelstands, insbesondere von familien- und inhabergeführten Unternehmen, ist ihr Gründungsmythos. Dieser ist oft tief und fast schon selbstsprechend im Produktportfolio verankert und verschafft ihnen einen echten Vorteil gegenüber diversifizierten Konzernen. Mit einem starken Purpose kann diese Daseinsberechtigung an die Oberfläche getragen werden und die sinnhafte Arbeit betonen. Denn eine klare Ausrichtung auf einen gemeinsamen Zweck stärkt die Mitarbeiterbindung und zieht potenzielle Bewerber:innen an, die nach mehr als nur einem Job suchen.


Außerdem: Mittelständische Unternehmen haben zwar nicht die gleichen finanziellen Ressourcen und administrativen Möglichkeiten wie Konzerne, doch es gibt andere Chancen: Statt einer anonymen, generischen Auswahl an Benefits und Zusatzleistungen können sie viel passgenauer auf die Bedürfnisse ihrer Organisation reagieren und einen tatsächlichen Unterschied im Leben der Mitarbeiter:innen machen.


Ein weiterer Vorteil vieler mittelständischer Unternehmen ist ihre Größe, die es ermöglicht, Employer Branding Maßnahmen viel schneller und flexibler umzusetzen. Dank ihrer überschaubaren Unternehmensstruktur können sie schneller auf Veränderungen reagieren und innovative Ideen ohne lange Entscheidungswege realisieren. Dies eröffnet die Möglichkeit, kreative und maßgeschneiderte Formate zu entwickeln, die in großen Konzernen aufgrund ihrer Komplexität und Bürokratie oft nicht realisierbar sind. Diese Agilität erlaubt es ihnen, eine dynamische und mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur zu pflegen, die besonders für junge Talente attraktiv ist.


Der Mittelstand bietet zudem das Beste aus beiden Welten: die Sicherheit eines etablierten Unternehmens und die Wirksamkeit, die durch die direkte Mitgestaltungsmöglichkeit in kleineren Teams entsteht. Diese Kombination aus Stabilität und Einflussnahme macht den Mittelstand besonders attraktiv für diejenigen, die Wert auf eine sichere Anstellung legen, aber gleichzeitig aktiv und sichtbar zum Unternehmenserfolg beitragen möchten.


So geht man Employer Branding systematisch an 


Um Employer Branding erfolgreich anzugehen, sollten mittelständische Unternehmen systematisch und strategisch vorgehen. Der erste Schritt besteht darin, eine umfassende Analyse der aktuellen Employer Brand durchzuführen. Es gilt, die relevanten Handlungsfelder und Chancen genau zu analysieren: Welche Aspekte sind bereits stark ausgeprägt und wo besteht noch Verbesserungsbedarf? Ein Tool wie unser Employer Brand Canvas kann dabei helfen, gezielt sogenannte ‚Blind Spots‘ aufzudecken, wie ein fehlender Purpose, unzureichende Benefits oder eine konservative Unternehmenskultur. Eine gründliche Analyse liefert die Basis für gezielte Maßnahmen und zeigt auf, welche Bereiche mit Priorität angegangen werden müssen.

Employer Branding Canvas zur systematischen Erarbeitung der Arbeitgeberattraktivität
Grafik 2: Employer Branding Canvas zur systematischen Erarbeitung der Arbeitgeberattraktivität

Denn: Employer Branding muss ganzheitlich gedacht und konsistent kommuniziert werden. Es reicht nicht aus, nur attraktive Benefits anzubieten, wenn andere wichtige Aspekte wie die Arbeitsumgebung oder die tatsächlich gelebten Unternehmenswerte nicht stimmig sind. Alle Elemente der Employer Brand müssen miteinander harmonieren und ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Authentische und transparente Kommunikation ist dabei unerlässlich, um das Vertrauen und die Bindung der Mitarbeiter:innen zu stärken.


Deswegen sollte auch im besten Fall die Entwicklung, Optimierung und Umsetzung einer erfolgreichen Employer Brand durch ein interdisziplinäres Team erfolgen. Dieses Team sollte funktions- und hierarchieübergreifend aufgestellt werden. Da die Wahrnehmung der Employer Brand subjektiv ist, ist es wichtig, unterschiedliche Sichtweisen zu berücksichtigen, um ein umfassendes und authentisches Bild zu entwickeln.


In einer initialen Analyse sollten durch das interdisziplinäre Team die dringlichsten Handlungsfelder identifiziert und priorisiert werden – in engem Abgleich mit dem strategischen Leitbild und den Unternehmenszielen. Es gilt, Schritt für Schritt vorzugehen und gezielte Maßnahmen zu planen, die einen spürbaren Unterschied machen. Dies könnte die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, verbesserte Weiterbildungsangebote oder die Entwicklung eines klaren strategischen Leitbilds mit einem starken Purpose umfassen.


Employer Branding ist ein fortlaufender Prozess, der regelmäßige Überprüfung und Anpassung erfordert. Dabei ist es wichtig, kontinuierlich Feedback von Mitarbeitern einzuholen. Die Ansprüche und das Verständnis von einem attraktiven Arbeitgeber und auch die Anforderungen des Geschäftsmodells an die eigene Organisation entwickeln sich ständig weiter. Daher können neue Elemente zu einer erfolgreichen Employer Brand hinzukommen, während andere an Bedeutung verlieren. Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen und Feedbackrunden helfen dabei, die Wirksamkeit der Employer Branding Strategie und einzelner Initiativen zu überprüfen und kontinuierlich zu verbessern.


Eine ansprechend und modern gestaltete Arbeitgeberbroschüre ist neben einem klassischen Unternehmensprofil, das kundenseitigen Leistungen in den Vordergrund rückt ebenfalls ein essentielles Werkzeug, um die Stärken und Besonderheiten des Unternehmens klar und ansprechend zu präsentieren. Auch weitere Kanäle (Karriere-Website, Intranet, Social Media etc.) sollten die Unternehmenswerte, Kultur und die einzigartigen Vorteile, die das Unternehmen bietet, klar kommunizieren.


Eine klare Strategie, authentische Kommunikation und kontinuierliche Verbesserung sind die Schlüssel für mittelständische Unternehmen um ihre Employer Brand stärken, talentierte Fachkräfte anzuziehen und Schlüsselmitarbeitende zu binden.

Wenn Du wissen willst, wie wir Dich hierbei unterstützen können, vereinbare hier ein kostenloses Beratungsgespräch oder schau Dir zunächst unser Programm "Employer Excellence" an.



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